10 BGM Maßnahmen in Zeiten der Angst

14.03.2022

Ich merke: Angst und Sorgen vor der Zukunft schleichen sich mehr und mehr in die Gespräche ein, die ich im Moment führe.

Geht es Ihnen ähnlich?

Im Freundeskreis reden wir darüber. Und auch in meinen Online-Meetings mit Betrieblichen Gesundheitsverantwortlichen kommen diese Themen immer häufiger zur Sprache.

Was vielen Angst macht:

  • Der Klimawandel, der auch in Deutschland für Dürren, Brände und verheerende Überschwemmungen sorgt.
  • Die Corona-Krise, die einfach nicht enden will.
  • Der Krieg in Ost-Europa – in unserer unmittelbaren Nähe – , der schreckliche Bilder liefert und uns tief betroffen macht.

Die meisten beschäftigt das alles sehr. Sie fragen sich, wie sie sich verhalten sollen und was diese Entwicklungen für sie selbst und ihre Familien bedeuten.

Und in meinem Kundenkreis überlegen die PersonalerInnen und Gesundheitsverantwortlichen: Was sind jetzt richtige BGM Maßnahmen in diesen schweren Zeiten?

Denn all die Sorgen und Ängste, die wir selbst haben, haben viele Kolleginnen und Kollegen in Betrieben und Verwaltungen auch.

Welche Unterstützung Unternehmen und BGMler anbieten könnten, welche BGM Maßnahmen jetzt nötig sind – genau darum geht´s in diesem Artikel.

Was Sie wissen sollten, bevor Sie über BGM Maßnahmen entscheiden

Mal vorweg ein paar Fakten:

Ohne Angst können wir nicht leben

Angst zählt zu den Grundgefühlen, die Menschen seit Urzeiten haben. Genau wie beispielsweise Freude, Traurigkeit oder Wut.

Und Angst ist erstmal ziemlich wichtig. Sie lässt uns nämlich überleben, wenn wir tatsächlich bedroht werden.

Im Moment der akuten Gefahr, laufen in unserem Köper automatische Reaktionen ab: die Atmung geht schneller, der Blutdruck steigt, das Herz rast, Hormone werden ausgeschüttet. Unsere Sinne – Augen und Ohren – werden geschärft, unsere Kraft aktiviert.

Alles, damit wir Gefahren gut einschätzen können und bestmöglich gewappnet sind, wenn wir flüchten oder uns der Situation stellen wollen.

Seien wir also froh, dass wir diese persönliche “Alarmanlage” haben.

Zum Glück befinden wir uns nur selten in Situationen, in denen unser Leben akut gefährdet ist. Trotzdem empfinden wir Angst.

Die Auslöser dafür können angeboren sein, wie z.B. unsere Furcht in der Dunkelheit. Andere Ängste haben uns vielleicht unsere Eltern mitgegeben oder sie basieren auf unseren eigenen Erlebnissen.

Hier ist die Podcast-Folge zum Artikel:

Das Problem mit der Angst

Es heißt: Angst ist ein schlechter Ratgeber.

Das ist wohl so, denn:

Wenn wir Angst haben, können wir nicht mehr normal denken. Unser ganzer Körper ist im Alarmzustand. Er steht unter Stress. Und in unserem Gehirn herrscht dann absolutes Chaos.

Wenn Sie mehr darüber wissen möchten: Sehr anschaulich erläutert der bekannte Neurobiologe Prof. Gerhard Hüther in diesem Video , was genau in unserem Kopf passiert, wenn wir Angst haben.

Kreative Lösungen finden, rationale Entscheidungen treffen – all das klappt also nicht mehr richtig gut.

Angst und Leistungsfähigkeit passen nicht zusammen

Nun könnten Ihre Chefs sagen: “Mit seinen Ängsten muss jeder halt selbst fertig werden. Das ist eine ganz private Sache”.

Mmh.

Ja, aber …

da gibt es eine interessante Untersuchung zweier amerikanischer Forscher. Sie haben sich gefragt, wie sich der körperliche Erregungs- und Anspannungszustand  auf die Leistungsfähigkeit auswirkt.

Vereinfacht gezeigt, ist das dabei heraus gekommen:

graphik-wie-leistung-mit aktivitaetsniveau-zusammen-haengt

Zu wenig Anspannung führt zu geringer Produktivität. Steigt der innere Aktivitätszustand, dann erhöht sich die Leistungsfähigkeit und erreicht das höchste Niveau. Alles darüber hinaus, lässt Leistungsfähigkeit wieder sinken.

Ein gesundes Maß an Anspannung ist also wichtig, wenn Beschäftigte ihre Aufgaben gut erfüllen sollen. Wenn die Angst aber zu viel wird und unser Körper übermäßig Alarm schlägt, dann ist es vorbei, mit unserer Leistungsfähigkeit.

Und am eigenen Leib haben wir das alle schon erlebt: Vor einer Prüfung – in der Schule, für den Führerschein, in der Ausbildung – ein bisschen Nervosität hilft, sich zu konzentrieren. Zu viel davon, womöglich echte Panik – und in unserem Kopf ist der totale Blackout.

Und genau deshalb, darf es Arbeitgebern nicht egal sein, wie es den Beschäftigten momentan geht. Wer einen guten Job machen will und soll, der muss den Kopf frei haben. Grübeln und Angst sind dafür keine gute Voraussetzung.

Viele Daten und Fakten rund um die Gesundheit in Unternehmen lesen Sie in meinem Artikel 8 starke Fakten, warum Ihr Betrieb ein BGM braucht.

Die Gründe sind unterschiedlich

Wovor wir Angst haben, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich.

Hier mal die Ergebnisse einer aktuellen Befragung.

bgm-massnahmen-befragungsergebnisse-ruv-aengste
Quelle: R+V Infocenter

Die Befragung wurde vor dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine durchgeführt. Wenn die R+V das nächste Mal Studienergebnisse veröffentlicht, werden Kriegsangst und Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage vermutlich eine größere Rolle spielen.

Was Ihre BGM Maßnahmen ermöglichen sollten

Die Frage ist:

Was hilft uns, mit unseren Ängsten gut umzugehen? Was brauchen wir, damit unsere Sorgen nicht zu groß werden, damit wir unsere Situation realistisch bewerten?

GABIE - bgm massnahmen

Ich nenne sie GABIE,

die 5 wichtigen Punkte, die Experten und Expertinnen empfehlen:

1) Gespräche führen

Unseren Sorgen und Ängsten müssen wir uns stellen. Sonst können sie übermächtig werden und unser gesamtes Leben bestimmen. Da hilft es, mit anderen darüber zu reden und zu merken, dass man mit seinen Gedanken nicht alleine ist.

2) Aktiv werden

Damit ist zum einen körperliche Aktivität gemeint: Bewegung und Sport sorgen dafür, dass die Stresshormone in unserem Körper abgebaut werden. So reduziert sich die Anspannung in uns.

Aktiv werden kann aber zum Beispiel bei der Sorge über die Ukrainekrise auch bedeuten, sich Hilfsaktionen oder ehrenamtlich tätigen Gruppen anzuschließen und Solidarität zu zeigen. Wir merken, dass wir einen Beitrag leisten können, auch wenn jeder einzelne von uns einen Krieg oder Umweltkatastrophen nicht verhindern kann.

3) Beratung nutzen

Es muss ja nicht gleich der Termin beim Psychologen sein.

Tipps und Rat für die eigene Situation geben auch telefonischen Hotlines zum Beispiel von Krankenkassen wie der Barmer. Für Helfer und unmittelbar Betroffenen gibt es die Ukrainekrieg Hotline des Psychologenverbandes .

4) Informationen einholen – aber dosiert

Wir wollen informiert sein, über das, was aktuell passiert. Dennoch sollten wir den Konsum dieser vielen negativen Nachrichten und verstörenden Bildern – auf Social Media, im Internet, in den Fernsehnachrichten – beschränken. Es ist eine Illusion zu denken, je mehr wir informiert sind, um so besser.

5) Entspannung genießen

Es tut gut, sich sinnvoll abzulenken. Weil es Angst und Sorgen zeitweise in den Hintergrund drängt. Hobbies nachgehen oder Entspannungsverfahren wie Yoga, Meditation, etc. lernen und anwenden, sind perfekte Möglichkeiten.

 

Und was davon könnten Sie in Ihrem Betrieblichen Gesundheitsmanagement umsetzen?

Impulse für Ihre BGM Maßnahmen

1. Nutzen Sie die Kompetenzen Ihres Betriebsarztes oder Ihrer Betriebsärztin. Bieten Sie Beschäftigten betriebsärztliche  Beratungsstunden an.

Wenn es bereits so ein Angebot gibt: Informieren Sie nochmal aktiv darüber, dass es in diesen Beratung nicht nur um körperliche Gesundheit, sondern auch um psychische Themen gehen kann.

2. Machen Sie doch mal einen betriebsinternen Podcast zum Umgang mit Angst, Sorgen und persönlichen Belastungssituationen.

Interviewen Sie z.B. Ihren Arbeitsmediziner oder Ihre Sozialberatung und nehmen Sie die Gespräche mit Mikro auf. Sammeln Sie Fragen Ihrer Beschäftigten ein, die Sie dann im Interview beantworten lassen.

Wie so etwas aussehen kann, können Sie hören in der Podcastreihe “Gesundes Führen in der Krise”, die die Lufthansa für Ihre MitarbeiterInnen erstellt hat. Einige Folgen wurden vom DFK Verband für Fach- und Führungskräfte hier veröffentlicht.

Einen Podcast erstellen? Da haben vielleicht Ihre Kollegen aus der Unternehmenskommunikation schon Erfahrungen. Wenn nicht: Hier gibt´s ein paar Infos Podcast erstellen: So startest du noch heute deinen Podcast.

3. Führen Sie eine psychosoziale MitarbeiterInnen-Beratung/Employee Assistance Programm ein. Es gehört zu den besten und sinnvollsten Instrumenten, die ich im Betrieblichen Gesundheitsmanagement kenne.

Beschäftigte können sich – telefonisch, manchmal auch per Video oder face-to-face – Beratung in schwierigen Berufs- und Lebenssituationen holen. Die Beratung ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kostenlos und auf Wunsch auch anonym.

Hier erfahren Sie mehr von meiner Kollegin Karin Vittinghoff: MitarbeiterInnen-Unterstützungs-Team

4. Informieren Sie über externe Beratungsmöglichkeiten

Manchmal zögern MitarbeiterInnen und Mitarbeiter, die Angebote im Unternehmen zu nutzen. Sie zweifeln, ob das wirklich alles vertraulich ist. Sie wenden sich lieber an Externe.

Erstellen Sie ein Infoblatt oder veröffentlichen Sie zum Beispiele diese Übersicht der Initiative Neue Qualität der Arbeit INQA.

5. Befähigen Sie Ihre Führungskräfte, mit ihren Teams über Sorgen und Ängste empathisch und lösungsorientiert zu sprechen.

Nicht jeder Chef, nicht jede Chefin wird das auf Anhieb ohne Hilfestellung können. Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach, welche Seminare dazu angeboten und finanziert werden. Falls Sie ein Budget haben: Es gibt zahlreiche kommerzielle Anbieter, die Seminare rund um “Gesund Führen” verkaufen.

6. Rufen Sie im Unternehmen eine eigene Hilfsaktion ins Leben, an der sich viele beteiligen können. Ansonsten bietet vielleicht auch Ihre Gemeinde oder Ihr Landkreis Initiativen, denen sich Ihr Betrieb anschließen könnte.

7. Es ist eine großartige Möglichkeit das Gemeinschaftsgefühl im Unternehmen zu stärken und Beschäftigte in Bewegung zu bringen: Eine Laufaktion mit Schrittzählern. 

Dabei werden die Teilnehmer in Teams zusammengefasst, die über einige Wochen gegeneinander antreten. Laufen oder gehen kann aber jeder für sich allein. Die täglichen Schritte werden von einem Schrittzähler gemessen und in einem Online-Portal erfasst. Was das bringt, beschreibt hier die Firma Heel

Die Organisation einer solchen Aktion bieten einige kommerzielle Unternehmen an. Hier ein Beispiel aus der Schweiz: Schrittzähler-Aktionen

8. Lassen Sie Beschäftigte mit Interesse an Gesundheitsthemen zu psychologischen Ersthelfern fortbilden.

Ein erfahrener Anbieter dafür ist zum Beispiel das Institut für seelische Gesundheit in Mannheim. Im MHFA Ersthelfer-Kurs lernen MitarbeiterInnen, rechtzeitig Probleme bei KollegInnen und Menschen im Umfeld zu erkennen und anzusprechen.

9. Bieten Sie in der Mittagspause oder nach der Arbeit Entspannungskurse für die Beschäftigten an. Das geht auch online. Sprechen Sie mit Ihrer Krankenkasse und informieren Sie sich, welche Anbieter zertifiziert sind, so dass die GKV die Kosten übernimmt.

10. Stärken Sie die Resilienz der Beschäftigten.

Wenn Menschen belastbar sind und auch mit psychischen Stresssituationen gut umgehen können, dann spricht man von Resilienz. Resiliente Beschäftigte haben Ressourcen, die ihnen helfen, psychisch gesund zu bleiben.

Das Leibnitz-Institut für Resilienzforschung bietet Vorträge, Schulungen und Beratung für Führungskräfte und Beschäftigte an.

Ich fass mal zusammen

Angst ist normal und gut. Bei Gefahr versetzt sie unseren Körper in Sekundenschnelle in einen aktivierten Zustand. Allerdings leiden dann unser Denken, unsere Produktivität und Leistungsfähigkeit.

In Zeiten, in denen Beschäftigte sich zunehmend Sorgen über die Folgen von Krieg, Pandemien und Umweltzerstörung machen, sollten Betriebliche GesundheitsmanagerInnen Unterstützung anbieten. Das Ziel dabei muss sein, diese Ängste nicht zu verdrängen, sondern gesund damit umzugehen.

Dafür habe ich Ideen beschrieben und hoffe, die ein oder andere passt für Sie und Ihren Arbeitgeber.

Vielleicht haben Sie noch andere Tipps. Teilen Sie die doch bitte mit anderen. Schreiben Sie Ihre Erfahrungen hier in den Kommentar.

 

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