Alkohol am Arbeitsplatz – Suchtprävention im BGM

7.04.2022

Alkohol am Arbeitsplatz – das Thema wird in Betrieben und Verwaltungen ja gerne verdrängt. “Bei uns ist das kein Problem”, meint die Leitung dann.

Ist das bei Ihnen auch so?

Als GesundheitsmanagerIn, die oder der wirklich etwas verändern will, können Sie sich diese Vogel-Strauß-Methode allerdings nicht leisten. Einfach den Kopf in den Sand stecken? Besser nicht.

Warum? Das zeige ich in diesem Artikel.

Haben Sie schon mal überlegt, wie Sie mit der Suchtprävention in Ihrem Betrieblichen Gesundheitsmanagement starten könnten?

Dann lesen Sie unbedingt weiter.

Es geht nicht nur um Alkohol, aber …

Als ich mich in meiner Arbeit als Health Managerin mit dem Thema Suchtprävention beschäftigt habe, wurde mir schnell klar: “Mit einem Alkoholverbot allein, werden wir dem Thema nicht gerecht.”

Denn:

Es geht um mehr, als nur um die Frage, ob zukünftig bei Geburtstagsfeiern der Kollegen und Kolleginnen noch ein Gläschen Sekt erlaubt ist.

Unternehmen – gerade die großen – sind ein Spiegel der Gesellschaft. Und so werden auch Sie unter Ihren Mitarbeitenden und Führungskräften Leute haben, die in riskantem Ausmaß andere potenzielle Suchtmittel konsumieren. Medikamente oder illegale Drogen zum Beispiel.

Und dann gibt´s da noch diejenigen, die krankhaft Glücksspiel betreiben oder die vom Internet und Social Media-Plattformen nicht mehr los kommen. Auch das gehört zur Suchtprävention im BGM.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Das Rauchen natürlich auch.

Es geht also nicht nur um Alkohol.

Aber trotzdem schlage ich Ihnen vor, mal damit anzufangen. Denn die DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung sagt:

Nach wie vor ist der Umgang mit Alkohol oder mit alkoholisierten Beschäftigten das am häufigsten auftretende Suchtthema in der Arbeitswelt.

Und außerdem:

Kritischer Alkoholkonsum hat durch die Corona-Pandemie offenbar zugenommen

“Alkohol am Arbeitsplatz – bei uns kein Thema”.

Kann das wirklich stimmen?

Schau´n wir uns mal ein paar Zahlen an:

Die DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtprävention schreibt in ihrem Jahrbuch Sucht 2021, dass wir Deutschen im europäischen Vergleich beim Alkoholkonsum insgesamt weit vorne liegen. Und in Deutschland sind Hochrechnungen zufolge sogar rund 1,6 Mio. Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren alkoholabhängig. Etwa 1,4 Mio. Menschen konsumieren Alkohol missbräuchlich, d.h. sie trinken große Mengen oder zeigen unter Alkoholeinfluss riskantes Verhalten.

Und jetzt mal ehrlich: Das soll am Arbeitsplatz keine Auswirkungen haben?

Unwahrscheinlich.

Die Barmer geht von folgenden Zahlen aus:Alkohol am Arbeitsplatz - rotes Quadrat mit Zahlen und Text

Sie können ja mal kurz durchrechnen:

Wenn Ihre Verwaltung oder Ihr Betrieb 200 Beschäftigte hat, dann gibt es 20 Leute, deren Alkoholkonsum bei mehr als 24 g reinem Alkohol (Männer) bzw. 12 g (Frauen) täglich liegt. Das ist die offizielle Definition von “riskant”. Und 12 g Alkohol sind zum Beispiel in rund 125 ml Wein.

10 Leute sind bereits abhängig.

 

Kommt hinzu, dass die Corona-Pandemie und die oft belastenden Bedingungen im Homeoffice, die Sache nicht besser gemacht hat. Die DHS sagt, auch wenn es hier noch mehr Studien braucht:

In Zeiten von Kontaktbeschränkungen wird zu Hause mehr getrunken.

 

Warum es sich lohnt, das Thema Alkohol am Arbeitsplatz im BGM anzugehen

Beschäftigten konsumieren zu Hause viel Alkohol. Da könnten Sie natürlich argumentieren: “Wenn jemand zu Hause trinkt, ist das doch kein Thema für den Arbeitgeber”.

Aber das stimmt so nicht.

Privater Alkoholkonsum kann für Beschäftigte berufliche Konsequenzen haben

Wer abends auf dem heimischen Sofa ordentlich gebechert hat, der hat am nächsten Morgen noch einigen Restalkohol im Blut. Setzt er sich ins Auto um zum Arbeitsplatz zu fahren ist die Fahrtauglichkeit eingeschränkt.

Er gefährdet sich und andere. Passiert ein Unfall, droht er für einige Zeit krankheitsbedingt auszufallen.

!! Tipp: Gerade jüngere Beschäftigte sind sich oft nicht klar darüber, dass sie dadurch auch den Führerschein verlieren können und im schlimmsten Fall der Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaft für diesen Arbeitsweg unter Alkoholeinfluss entfällt.

Hierüber sollten Sie im BGM informieren !!

 

Wir wissen es ja eigentlich: Nach Feierabend mit einem Glas Wein seine Sorgen zu betäuben, damit lösen wir unsere Probleme nicht. Wir verdrängen sie nur.

Druck, Stress oder Konflikte im Bierglas zu versenken, entspannt zwar kurzfristig. Auf Dauer kann das aber süchtig machen.

Aber eins ist klar: Es ist nicht immer leicht, schwierige Situationen alleine zu lösen.

!! Tipp: Bieten Sie als BGM-Maßnahmen vertrauliche Beratung in schwierigen Berufs- und Lebenssituationen an. Dafür kommen Sprechstunden beim Betriebsarzt oder einer Sozialberatung in Frage. Eine sehr gute Möglichkeit ist auch eine externe Mitarbeiterberatung EAP.

So lässt sich manche Suchterkrankung verhindern !!

 

Mit zu viel Alkohol im Körper sind wir nicht mehr voll leistungsfähig. Es erhöht die Gefahr von Unfällen. Am Arbeitsplatz sind wir unkonzentriert und machen mehr Fehler.

Manch einer verliert die Kontrolle – vor allem im Kundenkontakt keine schöne Situation.

Die Folge eines dauerhaft riskanten Alkoholkonsums: Psychische oder körperliche Krankheiten. Meist kommt es auch zu schlechten Leistungsbeurteilungen, Konflikten mit dem Chef oder dem Team und vielleicht sogar zu Entlassungen.

Alkohol am Arbeitsplatz - ein clipart-Zeigefinger

!! Tipp: Klären Sie über die Folgen von Alkohol auf, aber:

Sprechen Sie nicht nur über die Risiken für Unfälle und Leistungsfähigkeit. Zeigen Sie auch den langfristigen Einfluss auf unsere körperliche Gesundheit.

Haben Sie bereits Angebote zur gesunden Ernährung im Betrieb? Binden Sie das Thema Alkohol da mit ein !!

 

Quelle: DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. 

Führungskräfte tragen eine große Verantwortung

Es lohnt sich auch für Ihre Führungskräfte, das Thema Alkohol am Arbeitsplatz nicht zu ignorieren, sondern aktiv anzugehen.

Zum einen aus rechtlichen Gründen. Es gibt ´ne Menge Vorschriften, zum Beispiel im Arbeitsschutzgesetz und der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1. Die will ich hier gar nicht alle erklären. Wenn Sie mehr dazu lesen möchten – klicken Sie hier: ArbSchG § 7, DGUV 1 § 3, DGUV 1 § 7.

  • Nur mal am Rande: Ihre Beschäftigten können sich beim Arbeitsschutz nicht einfach zurücklehnen. Der Gesetzgeber sagt, sie dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.

Zum anderen tragen Vorgesetze Verantwortung dafür, dass ihre Teams arbeitsfähig und motiviert sind. Wenn jemand häufig schlechte Leistungen bringt und immer wieder mal ausfällt, sind die Konflikte vorprogrammiert. Das ist schlecht für den Zusammenhalt und das Betriebsklima im Team. Es kostet alle Zeit und Nerven. Soweit sollte es gar nicht kommen.

Außerdem: Suchtmittelmissbrauch ist häufig mit hohen Fehlzeiten verbunden. Nutzen Sie das als Argumentation. Mehr dazu können Sie in meinem Blogartikel Im BGM mit Fehlzeiten argumentieren nachlesen.

Und Chefs sind in der Regel nah dran an ihren Mitarbeitenden. Sie sind es, die früh merken können, wenn sich jemand verändert. Sie sollten die Anzeichen für einen missbräuchlichen Alkoholkonsum erkennen und haben das Recht und die Pflicht, dann auch zu handeln. Besser früher, als später.

!! Tipp: Führungskräfte werden Betroffene eher ansprechen, wenn sie wissen, wie sie das richtig machen sollen. Bieten Sie den Vorgesetzen Schulungen dazu an !!

Wie können Sie starten?

Ihre Maßnahmen im Thema Alkohol brauchen eine Grundlage

Damit meine ich, dass es verbindliche Regeln geben muss, was erlaubt und was verboten ist.

Meistens setzen sich dafür der Arbeitgeber und der Betriebs- oder Personalrat an einen Tisch und verhandeln eine Betriebsvereinbarung zur Suchtprävention. Die wird an alle kommuniziert, so dass klar ist, was zukünftig in Sachen Sucht und Alkohol in der Organisation gilt. Hier finden Sie eine Muster-Betriebsvereinbarung.

So eine Regelung ist ein Anfang. Es ist eine Grundlage und das ist wichtig.

Aber sie allein reicht nicht. Bieten Sie Schritt für Schritt weitere Angebote an.

Was könnte das zum Beispiel sein?

✨Schulungen für Führungskräfte im Umgang mit auffälligen Beschäftigten
✨Info-Veranstaltung für Führungskräfte (das geht auch online), in der ein trockener Alkoholiker anschaulich von seinen Erfahrungen berichtet
✨Beratungsstunden beim Betriebsarzt oder der Sozialberatung, auch für das Umfeld von Suchtkranken (Familie, KollegInnen)
✨ein Suchtkrankenhelfernetzwerk (wie Sie es aufbauen, zeige ich Ihnen in diesem Blogartikel Suchtkrankenhelfer Im Betrieb – beachten Sie die 5 Punkte)
✨ein Stufenplan der Führungskräften als Leitfaden dient. Hier finden Sie ab Seite 52 ein Beispiel.

Sensibilisieren und informieren Sie über Alkohol am Arbeitsplatz – immer wieder

“Ja, wir haben eine Betriebsvereinbarung zur Suchtprävention, aber da habe ich schon ewig nicht mehr reingeguckt”, sagt mir eine Gesundheitsverantwortliche.

Und ich verstehe das. Wir haben alle so viel um die Ohren. Wir müssen uns als BGMler um – gefühlt – tausend Themen kümmern.

Wer mir schon etwas länger folgt der weiß, dass ich ein großer Verfechter von vernetzten Angeboten im BGM bin. Und zwar nicht zuletzt deshalb: Weil es uns Zeit spart!

!! Tipp: Verknüpfen Sie Ihre Informationen im Thema Sucht mit dem, was andere Stellen in Ihrer Organisation machen: Infos der Personalabteilung, von Betriebsärzten, Betriebsräten und Auszubildendenvertretungen; Unterlagen für ErsthelferInnen; Unterweisungsinformationen und und und.

Natürlich nicht alles auf einmal. Mal hier mal da. So bringen andere für Sie das Thema immer wieder bei unterschiedlichen Beschäftigten in Erinnerung !!

Eine prima Möglichkeit alle in Ihrer Organisation zu sensibilisieren, ist auch diese Aktion hier. Im Mai geht´s wieder los. Es ist also noch genug Zeit für Ihre Vorbereitungen!

Aktion Alkohol – Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.

Diese Aktion richtet sich nicht nur, aber auch an Arbeitgeber. Hier finden Sie Aktionsideen.

Ich habe bereits mit einem Unternehmen mal an einer Aktion der DHS teilgenommen. Sie auch? Was waren Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie es in den Kommentar.

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